Im letzten Jahr konnte ich mich erstmalig für eine Deutsche Meisterschaft qualifizieren. Mit dem dritten Platz bei einer Qualifikations-Meisterschaft nehme ich einiges an Motivation mit in den Winter und das Frühjahr, sodass ich bis zum Beginn der Meisterschaft schon ungefähr 150 Flugstunden für diese Saison verbuchen kann. Dies gibt einem ein Gefühl von Sicherheit, aber in diesen Flugstunden habe ich weder in einem Flugzeug der Clubklasse gesessen, noch habe ich das Wettbewerbsgebiet rund um Zwickau kennengelernt oder einen Trainingswettbewerb geflogen. Dabei denke ich mir nicht viel, hab ich doch schließlich die letzten neun Jahre überwiegend in solchen Flugzeugen gesessen und darf dieses Jahr nur Ausnahmsweise ein Flugzeug mit 18 Metern fliegen.
Am Trainingstag rüste ich die LS1-f neo zum ersten Mal auf, mache eine Sitzprobe und versuche mein persönliches Equipment unterzubringen. Alles fühlt sich sehr vertraut an, immerhin bin ich in der Vergangenheit schon 2 Jahre mit diesem Typ geflogen. Alles geht ganz schnell und ich kreise im ersten Bart mit der “neo”, gleich merke ich wie der Flieger sich mit den neuen Winglets viel stabiler kurbelt und kaum gestützt werden muss. Statt mich ganz locker auf dem Flugzeug einzufliegen will ich mir selbst zeigen, dass ich auch mit einer Clubklasse noch schnell sein kann. Dies endet prompt auf einem Acker, bei bester Optik. Bis meine Rückholer vor Ort sind habe ich Zeit darüber zu grübeln was hier falsch gelaufen ist. Die Erkenntnis, dass ich einfach zu viel wollte sorgt für einen ordentlichen Dämpfer des Selbstbewusstseins. Somit muss ich in den Wettbewerb starten ohne jemals einen Endanflug auf Zwickau gemacht zu haben, sicher keine optimale Ausgangslage.
Am ersten Wertungstag bekommen wir eine kleine Racing Task Aufgabe und können erst sehr spät bei extrem niedriger Basis abfliegen. Lange bin ich optimistisch, dass es möglich ist die Aufgabe trotz der Bedingungen zu fliegen und entscheide mich dazu meinem eigenen Plan zu folgen und eine kleine Entwicklung weit ab vom Kurs anzufliegen, anstatt wie der Rest vom Teilnehmerfeld direkt auf Kurs ohne richtige Option zu gleiten. Während das Pulk niedrig aber weiter vorne noch schwach kurbeln kann und somit die geflogene Strecke über die Mindestwertungsdistanz verlängert muss ich mich damit abfinden, dass mein Plan eine Fehleinschätzung ist und ich 30 Kilometer früher als die anderen außenlande. Das Resultat meines Alleingangs ist ein Rückstand von 100 Punkten auf alle die im Pulk mitgeflogen sind. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch 100 Punkte seien nicht viel.
Zwei Tage später, am nächsten Wertungstag, habe ich den Misserfolg schon ganz gut verarbeitet und bin bereit für den nächsten Anlauf. Die Wettervorhersage ist gut und wir starten zeitnah. Nach dem einfahren des Fahrwerks stimmt etwas nicht, es ist so laut im Cockpit, dass ich den Funk kaum verstehen kann. Ich vermute eine ausgehakte Fahrwerksklappe aufgrund des hohen Grases beim Start, bin mir aber nicht ganz sicher und will mir den Stress einer Wiederlandung nicht antuen. Nach dem Abflug treffe ich direkt einen guten Aufwind und kann an die Basis steigen, im Anschluss fliegen wir alle zügig vor, abgelenkt und unkonzentriert durch den Geräuschpegel finde ich mich schnell in einer geringen Höhe wieder. Dieses Mal nehme ich rechtzeitig einen schwachen Aufwind an, verlasse diesen aber viel zu früh, da die anderen Flugzeuge über mir bereits weiterfliegen und ich den Anschluss nicht verlieren will. Das Resultat ist, dass ich krampfhaft versuche dran zu bleiben, regelmäßig unangenehm tief bin, schwach kurbeln muss und mich letztendlich durch all diese Faktoren unwohl fühle. Nach der Landung bestätigt sich die ausgehangene Fahrwerksklappe. Nach einer Wiederlandung hätte ich dies mit einem Handgriff beheben und somit viel entspannter fliegen können. Positiv auf die Leistung des Flugzeugs kann es sich auch nicht ausgewirkt haben.
In den nächsten Tagen muss ich immer wieder feststellen wie hoch das Niveau auf einer Deutschen Meisterschaft ist, schon kleinste Fehler kosten wertvolle Punkte. Während bei einem kleinen Wettbewerb ein Abstand von 100 Punkten schnell aufgeholt ist und oft nur eine Platzierung ausmacht bedeutet dies in diesem Fall oft einen Unterscheid von fünf Platzierungen und ist alles andere als einfach aufzuholen.
An dieser Stelle möchte ich DG-Flugzeugbau herzlich dafür danken, dass ich die 1neo auf der Meisterschaft in Zwickau fliegen durfte. Mein Gesamtergebnis spiegelt sicher nicht die tatsächliche Leistungsfähigkeit dieses Flugzeugs wieder, denn mit den neuen Winglets und den Flächen-Rumpf-Übergängen ist die LS1f kaum wieder zu erkennen und kommt sowohl fliegerisch als auch optisch deutlich moderner daher. Sicher hat sie das Potenzial ganz vorne mit zu fliegen.
Marcel Kaspari, Juni 2019
Bilder Copyright AC Zwickau & M. Kaspari