Gerhard Glaser zum 75. Geburtstag vom Elektromeister zum Flugzeugbauer
Aerokurier 7/2011
Mehr als 2.000 Segelflugzeuge weltweit tragen heute den charakteristischen Schriftzug ”DG” auf ihren eleganten Rümpfen mit der prägnanten, tief heruntergezogenen Verglasung.
Die Idee zur Firmengründung entstand auf einem Außenlandeacker.
Wozu Außenlandungen nicht alles führen können:
Die Geburtsstunde der Firma Glaser-Dirks schlug 1973 auf einem Außenlandeacker. Sie liegt damit 38 Jahre zurück, wobei die D-38 der Akaflieg Darmstadt so etwas wie der Urahn der DG-Reihe wurde.
Während eines Wettbewerbs fanden die späteren Namensgeber und Firmengründer Gerhard Glaser, der im April seinen 75. Geburtstag feierte, und Konstrukteur Wilhelm Dirks – damals mit der von ihm maßgeblich mit entwickelten D-38 der Akaflieg Darmstadt im Wettbewerb – auf einem Außenlandeacker zusammen.
Die Begegnung hatte Konsequenzen:
Die Gründung der Glaser-Dirks Flugzeugbau GmbH mit Sitz in Bruchsal.
Nur neun Monate später erfolgte bereits der Erstflug der DG-100, in die Wilhelm Dirks natürlich auch
viel Erfahrung aus der Entwicklung der D-38 hat einfließen lassen. Es war ein Kraftakt für alle Beteiligten.
Gerhard Glaser hatte nach dem Erwerb des Meisterbriefs im Elektrohandwerk erst einmal eine Familie sowie ein Tiefbauunternehmen gegründet. Später hat ein Datum sein Leben ganz entscheidend beeinflusst:
Der 6. Oktober 1962 – der Tag, an dem er zum ersten Mal in einem Segelflugzeug mitflog. Nach Rücksprache mit seiner Familie begann er mit der Segelflugschulung. Schon bald flog er ein eigenes Flugzeug.
Als Wettbewerbspilot machte sich Gerhard Glaser konkrete Gedanken über Verbesserungsmöglichkeiten der von ihm geflogenen Flugzeuge – zumeist Wünsche, die der Markt seiner Zeit nicht erfüllen konnte. Das Zusammentreffen mit Wilhelm Dirks brachte die Wende.
So wurden aus ein paar Verbesserungswünschen ein 23 Jahre dauerndes Engagement im Segelflugzeugbau, das der DG-100 eine ganze Familie weiterer Flugzeuge folgen ließ. Gerhard Glaser hatte hierfür nicht nur mit unternehmerischer Erfahrung und finanzieller Risikobereitschaft die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen, sondern auch immer wieder entscheidenden Einfluss auf die Produktausrichtung und Entwurfsgestaltung genommen, Weichen für die Zukunft gestellt und Detailverbesserungen angeregt. Dazu zählen der frühe Einstieg in die Carbonbauweise, das Setzen auf Spannweitenerweiterung ohne Einschränkungen und die Zusammenarbeit mit der Firma ELAN in Jugoslawien zur Senkung der Produktionskosten.
Der mit Abstand größte Schritt in der Unternehmensgeschichte erfolgte mit der Entwicklung der DG-400. Als serienmäßig hergestellter Eigenstarter war sie zu ihrer Zeit alternativlos.
Natürlich begann die Entwicklung der Eigenstarter schon viel früher. Wolf Hirth, Heimann und Walter Binder haben hier große Verdienste. Aber mit der DG-400 wurde nach einem steinigen Weg zur Serienreife ein Tor aufgestoßen für die weltweite Verbreitung eigenstartfähiger Segelflugzeuge. Später, vor fast 20 Jahren, haben die DG-800 sowie die ASH 26 von Schleicher den Weg zur erfolgreichen 18-m-Klasse gewiesen.
Viele Piloten blieben so dem Segelflugsport erhalten, die ansonsten ihren Sport nicht mehr in Einklang mit Familie und Beruf hätten bringen können. Eine Entwicklung, von der alle Hersteller noch heute profitieren. In einer Zeit deutlich zurückgehender Pilotenzahlen wäre ohne die erhöhte Wertschöpfung dieser Flugzeugkategorie die Segelflugzeugindustrie im aktuellen Umfang schon lange nichtmehr lebensfähig.
Es ist das Verdienst von Gerhard Glaser, dass er sich von skeptischen Kommentaren und Prognosen nicht hat beirren lassen und auf einer langen Durststrecke mit hohem finanziellen Risiko Kurs gehalten hat. Als Elektromeister hat er wichtige Beiträge aus seinem Metier beigesteuert, die den Eigenstarter alltagstauglich gemacht haben. Die Schlüsselrolle kam hier einer professionellen elektrotechnischen Ausstattung zu sowie den von Gerhard Glaser formulierten Vorgaben für ein eigens zu entwickelndes elektronisches Überwachungs- und Steuergerät (DEI), das den Piloten entlastet, mit den wichtigsten Informationen versorgt, Fehlbedienungen vorbeugt und damit die Sicherheit erhöht.
Die bis heute erfolgreiche DG-800 stand bereits in den Startlöchern, als es zu Lieferproblemen geeigneter, standfester Motoren kam. Nach 23 Jahren Glaser-Dirks Flugzeugbau wurde die Insolvenz unvermeidbar. Dies war für Gerhard Glaser sicher einer der schwersten Augenblicke seines Lebens. Es spricht für die Qualität der DG-800-Entwicklung, dass sie im Nachfolgeunternehmen DG-Flugzeugbau an den Erfolg der DG-400 anknüpfen konnte.
Auf die große Zahl der DG-Flugzeuge hat Gerhard Glaser allen Grund stolz zu sein.
Heute verbringt der Firmengründer aus gesundheitlichen Gründen viel Zeit in der Wärme Andalusiens.