von Pete Williams
Vor einigen Wochen hatte ich Gelegenheit, eine sehr gründliche Schulung über Fallschirm-Notabsprünge zu erfahren. Sie wurde gehalten von Allen Silver, einem der Chef-Packer von Hayward, California. Über all die Jahre hat Allen eine Menge Fallschirme für Segelflugzeug-Piloten gepackt.
Nun denkt niemand daran, sein Flugzeug mit Hilfe des Fallschirms zu verlassen. Aber viele Piloten glauben, dass sie nur ihren Fallschirm ordnungsgemäß zu packen und zu tragen brauchen, um dann solch einen Eventualfall schon meistern zu können. Ein Fallschirm kostet aber nicht nur soviel wie ein gutes Variometer – es ist auch unsere Pflicht soviel wie möglich über das Funktionieren dieses lebensrettenden Gerätes zu wissen. Hier sind einige Schwerpunkte von Allans Vortrag:
Die positive Haltung:
Seien Sie sich bewusst, dass Sie mit einem Fallschirm im Notfall das Flugzeug verlassen können und es auch verlassen werden, denn ein Fallschirm kann wirklich Ihr Leben retten. Während des Aussteigens aus dem Flugzeug geben Sie niemals auf! Versuchen Sie, das Flugzeug zu verlassen und versuchen Sie dann so schnell wie möglich die Reißleine zu ziehen, sobald Sie klar vom Flugzeug sind. Denken Sie daran, dass es auch nach vollständigem Ziehen der Reißleine noch 2 bis 3 Sekunden dauert, bis sich der Schirm voll entfaltet hat.
Lernen Sie Ihren Fallschirm kennen:
Lassen Sie das Packen und Prüfen nur durch qualifizierte Leute durchführen. Geben Sie dem Fallschirmpacker die Anleitungen, die mit dem Schirm ausgeliefert wurden. Der Packer muss eine gültige Lizenz der Luftfahrtbehörde und Erfahrungen mit dem Schirm haben. Die Packmethoden sind abhängig vom Typ – fragen Sie den Fallschirmpacker. Lagern Sie den Schirm flach an einem kühlen trockenen Platz und lassen Sie ihn nie im Cockpit zurück, im direkten Sonnenlicht oder nahe irgendwelcher Flüssigkeiten. Sollte die Außenseite des Schirms – aus welchen Gründen auch immer – nass geworden sein, müssen Sie ihn neu packen lassen. Vergewissern Sie sich, dass die Auslöse- und die Sinkgeschwindigkeit des Schirms mit Ihrem Gewicht korrespondiert und fragen Sie im Zweifel Ihren Packer.
Sie sollten auch wissen, wie man einen Schirm genau anlegt. Stellen Sie sich aufrecht hin und schließen Sie zuerst den Brustgurt. Dann erst beugen Sie sich hinunter und schließen die Bein-Gurte. Wenn Sie Schnellverschlüsse benutzen, vergewissern Sie sich, dass diese ordnungsgemäß gesichert sind und dass die Feder darin weder fehlt noch gebrochen ist. Sie sollten ferner wissen, wie man die Schultergurte anpasst, so dass beide gleich lang sind. Fragen Sie Ihren Packer, wenn Sie unsicher sind. Stellen Sie außerdem fest, ob Ihre Kappe steuerbar ist und lassen Sie sich erklären, wie die Steuerung funktioniert. Um mehr vom Fallschirm zu lernen, ist es sicher eine gute Idee, einmal beim Packen dabei zu sein und Ihren Fallschirmpacker dabei auszufragen. Sie werden überrascht sein, was Sie dabei alles lernen!
Vorflug-Kontrolle:
Öffnen Sie die Abdeckung, um das Kabel der Reißleine zu kontrollieren. Die Kabelenden sollten komplett durch die Aufnahmelöcher geführt und gesichert sein. Kontrollieren Sie auch den Handgriff. Er sollte gut gesichert in seiner Aufnahme sitzen. Einige Piloten kleben ein Stück farbiges Klebeband um den Handgriff, um ihn im Notfall schneller zu erkennen. Prüfen Sie den Fallschirm von außen auf Beschädigungen; die Kappe sollte nicht sichtbar sein.
Planen Sie im voraus:
Es gibt eine Reihe von Gründen, weshalb man ein Flugzeug mit dem Fallschirm verlassen muss – strukturelles Versagen, Zusammenstoß in der Luft, schwere Probleme mit der Steuerung, Feuer (bei Motorseglern), Verlust der Kontrolle über das Flugzeug, etc. Sie sollten die Ausstiegsprozedur nicht nur kennen sondern auch bei jedem Flug üben. Das heißt, dass Sie nicht den Fallschirm zum Aussteigen im Cockpit ablegen, sondern mit dem Fallschirm aussteigen, als wenn Sie einen Notausstieg durchführen müssten.
Führen Sie Ihren Plan auch aus:
Zögern Sie nicht, das Flugzeug so schnell wie möglich zu verlassen, wenn Sie sich zum Ausstieg entschieden haben.
Der grundsätzliche Ablauf ist: Haube abwerfen, Gurte öffnen und Raus! In der Reihenfolge! Sobald die Cockpit-Haube weggeflogen ist (schützen Sie wenn möglich Ihr Gesicht, wenn Sie den Notabwurf ziehen), öffnen Sie Ihr Gurtschloss und schauen Sie dabei auf das Schloss! Und dann steigen Sie über die Seite aus und drücken und pressen Sie sich dabei hoch so gut es geht, so dass Sie freikommen vom Cockpit.
Sobald Sie frei sind Schauen Sie auf den Auslösegriff und dann ziehen Sie ihn auf weit weg von Ihrem Körper. Benutzen Sie dazu Beide Hände. Das heißt, dass Sie mit beiden Händen den Griff zu ziehen versuchen, dann brauchen Sie nicht nachzudenken, ob Sie nun die rechte oder die linke Hand benutzen müssen. Die linke wird natürlich ins Leere greifen. Ziehen Sie mit “der richtigen Hand” bis zum voll ausgestreckten Arm und bewegen Sie den Arm um den Körper herum. Absprünge in großer Höhe verursachen mehr Höhenverlust bis zur vollen Öffnung der Kappe; dennoch wird die Zeit von 2 bis 3 Sekunden die gleiche sein. Und seien Sie schließlich auf einen zwar willkommenen aber deutlichen Verzögerungsstoß bei der Entfaltung des Schirms vorbereitet.
Unter dem geöffneten Schirm:
Sobald die Kappe sich voll entfaltet hat, sollten Sie einmal tief durchatmen und sich dann über Ihre Höhe und Ihre Abdrift klar werden. Wenn Sie noch immer den Auslösegriff in der Hand halten, lassen Sie ihn los. Viele Schirme verfügen über eine Steuerungsmöglichkeit mit Handgriffen an den Fangleinen. Ziehen Sie an dem rechten Griff für eine Rechtskurve und links umgekehrt. Denken Sie daran, die Griffe los zu lassen, um die Drehung zu beenden. Unter dem Schirm hängend werden Sie zuerst glauben, sie kämen gar nicht tiefer, aber eine genauere Beobachtung des Bodens wird Sie überzeugen, dass Sie sehr wohl sinken und je näher Sie dem Boden kommen, desto schneller scheinen Sie zu sinken. In ruhiger Luft sinken Sie mit etwa 2 bis 2,5 m/sec.
Vorbereitung auf die Landung:
Schauen Sie hinunter, um festzustellen, ob Sie vorwärts oder rückwärts treiben. Dann versuchen Sie eine Landung gegen den Wind. Ihre Landestelle wird etwa zwischen einem Winkel von 45 bis 60 liegen, wenn Sie vorwärts und nach unten schauen. Der Landeplatz sollte scheinbar stationär bleiben, wenn Sie in diese Richtung sehen. Falls in der Landerichtung elektrische Leitungen, Bäume oder andere Hindernisse liegen, steuern Sie den Fallschirm zu einem anderen Landeplatz. Aber entscheiden Sie sich frühzeitig, um Steuerungsversuche in niedriger Höhe möglichst zu vermeiden.
Die Landung:
Strecken Sie beide Arme aus und ergreifen Sie die Steuerungsgriffe über Ihnen. Schauen Sie geradeaus. Halten Sie Beine und Füße zusammen mit leicht gebogenen Knien. Ziehen Sie nicht im letzten Moment die Beine an. Sobald Ihre Füße Bodenkontakt haben, gehen Sie in die Hocke und machen eine Rolle in der Richtung, in der Sie sich bewegen.
Wenn Sie bei starkem Wind landen müssen, machen Sie eine Rolle rückwärts und versuchen, den Schirm zusammen fallen zu lassen, in dem Sie dabei so viele Fangleinen ergreifen, wie Sie nur können und diese zu sich ziehen. Ziehen Sie solange, bis die Kappe einfällt. Machen Sie Ihre Gurte los und legen Sie sie auf die zusammengerollte Kappe, um ein neues Entfalten zu verhindern.
Sollten Sie im Wasser landen, schauen Sie dabei in Windrichtung, lösen nach der Landung den Brust- und die Beingurte und schwimmen von der Kappe weg.
Sicher zurück auf der Erde:
Benutzen Sie ihre Fallschirmkappe, um den evt. Suchmannschaften ein Auffinden zu erleichtern. Benutzen Sie wenn möglich einen kleinen Spiegel oder eine Pfeife, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein kleiner Metallspiegel kann in die Außentasche der Fallschirmhülle gepackt werden. Einige Fallschirme enthalten ein kleines “Survival Kit”. Ein Funktelefon leistet natürlich hervorragende Dienste. Falls Sie eine Brille tragen, werden Sie diese verloren haben – es sei denn, Sie sichern sie mit einem “Brillenbändchen”.
Viel Glück und ich wünsche Ihnen, dass Sie niemals aus Ihrem wunderschönen Flieger aussteigen müssen!
Aber Sie müssen wissen, wie es geht !!!