DG-505MB – Erfolgreiche Modellpflege
Ein Bericht von Jochen Ewald – Aerokurier
DG-500 und DG-500M sind als doppelsitzige Leistungs-Motorsegler bereits gut bekannt:
Seit 1987 sind die 22 Meter spannenden Wölbklappensegler und Motorsegler in Bruchsal in Produktion. Jetzt präsentierte Chefkonstrukteur Wilhelm Dirks die neueste Variante des erfolgreichen Klapptriebwerk-Doppelsitzers. Jochen Ewald hat sie in Speyer geflogen.
Es nahm seinen Lauf mit einem Meter: 1994 beschloss die Karlsruher Akaflieg, ihre DG-500 der neu geschaffenen 20-Meter-Wettbewerbsklasse für doppelsitzige Segelflugzeuge anzupassen. Die Studenten kürzten die Flügel der DG-500 um je einen Meter. Um bei weiterhin guten Flugeigenschaften möglichst wenig Leistung zu verlieren, verpassten sie ihr neue Flügelspitzen mit Winglets. Was dabei herauskam, flog gut und gefiel auch dem Hersteller: Der neue Flügel wurde für die Serienproduktion optimiert und ins Lieferprogramm übernommen mit verschiedenen Spannweiten, dank der auswechselbaren Außenteile des vierteiligen Flügels mit 20 oder 22 Metern. Das Wortmann-FX-73-Flügelprofil der DG-500-Serie (seit 1987 produziert) wurde beibehalten.
In die neuen, jetzt DG-505B und motorisiert DG-505MB bezeichneten Varianten flossen dazu noch Kundenwünsche mit ein: verbesserte Unterschenkelauflagen im vorderen Cockpit, so finden auch größere Piloten bequem Platz. Im hinteren Cockpit wurde der Instrumententräger so geformt, dass man sich nicht mehr den Daumen zwischen Steuerknüppel und Instrumentenbrett einklemmen kann. Als Motor wurde ein wahres Kraftpaket gewählt:
Da die Produktion der ursprünglichen Rotax-Motoren der “M”-Baureihe ausgelaufen ist, ersetzt ihn in den DG-Motorseglern der neue. wassergekühlte Solo 2625. In der DG-505MB verrichtet die derzeit stärkste Version des neuen »Standardmotors« der deutschen Klappmotor-Szene seine Arbeit. Ausgestattet mit zwei Vergasern liefert der Solo 2625-2 jetzt 47 KW / 64 PS Startleistung.
Die Montage des 20 Meter spannenden, vierteiligen Flügels zu zweit ist mit den passenden Hilfsmitteln kein Problem Ein Montagestützwagen erlaubt das bequeme Umklappen und Einführen der gewichtigen Innenflügel. Alle Steuerungselemente schließen sich heim Hineinstecken des Flügels automatisch an. Die beiden Hauptbolzen werden durch Schrauben gesichert. Die darf man nicht vergessen: Sie verhindern auch. dass sich die Holmzungen unter hoher Last auseinander biegen. Die hinteren Querkraftbolzen werden von oben in den Flügel gesteckt und sind nach Herausdrehen des Montagehebels automatisch durch Federschnapper gesichert. Dann werden die Außenflügel mit Winglets aufgesteckt, mit einem eingebauten Bolzen befestigt und gleichzeitig gesichert. Das Höhenleitwerk, auch mit automatischem Ruderanschluss, wird von oben aufgelegt.. Ist es gesichert, verschwindet der Kopf des Befestigungsbolzens völlig in der Kontur der Seitenflosse.
Noch ist der Prototyp mit 585 Kilogramm Leergewicht relativ schwer: Die DG-505MB entstand durch nachträgliche Umrüstung des DG-500B Prototypen. Die Serienflugzeuge werden rund 15 Kilogramm leichter. Das maximale Startgewicht liegt bei 825 Kilogramm. Serienmäßig ist der Motorsegler mit einem 38-Liter-Rumpftank ausgestattet. Der kann entweder mit der mitgelieferten DG-Betankungseinrichtung oder direkt durch einen Einfüllstutzen am Rumpf mit Zweitaktgemisch befüllt werden. Optional gibt es zwei 15-Liter-Sprittanks im Flügel. Und zwei 50-Liter Wasserballast-Tanks erlauben es auch leichteren Piloten, die maximale Flächenbelastung von knapp 47 Kilogramm pro Quadratmeter zu erreichen.
Im Cockpit kommen Mercedes-ähnliche Gefühle auf:
Viel Platz für beide Insassen, bequeme Ausstattung, gute Verstellbarkeit beider Sitze und eine hervorragende Sicht – alles Begriffe für Piloten, die schon einmal eine DG geflogen sind. Besonders Fluglehrer freuen sich immer wieder darüber, Höhe und Neigung der hinteren Sitzschale verstellen zu können. Zwar sieht das System mit einem Gurtband, an dem das hintere Ende der Sitzschale aufgehängt ist, primitiv aus. Es hat sich aber längst bewährt.
Schauen wir uns im Cockpit um:
Die Hebel am linken Haubenrahmen, mit denen die Haubenklappen verriegelt werden könnten genau wie die Notabwurfhebel auf der rechten Seite besser erreichbar, also weiter vorn angebracht sein.
Wichtig für den sicheren Einsatz des Motorseglers in der Ausbildung: In beiden Panels ist das bekannte DEI (Digital Engine Interface) eingebaut, das DG entwickelte. Damit kann der Motor von
Beiden Plätzen aus bedient werden. Es verbindet die Funktion von Motorsteuerung Kontroll- und Warninstrumenten in einer Einheit.
Wölbklappen, Bremsklappen- und Fahrwerkshebel sowie der Trimmstellungsknopf befinden sich DG-typisch an der linken Bordwand. Der Bremsklappenhebel ist mit der hydraulischen Scheibenbremse des Hauptrades verbunden, vorn am Steuerknüppel ist der Trimmungs-Entriegelungshebel. Die Seitenruder-Pedale sind mit dem lenkbaren Bugrad gekoppelt.
Auf der rechten Bordwand geht es in diesem Flugzeug noch ein wenig eng zu: Da der DG-505B Prototyp nachträglich zum Motorsegler umgerüstet wurde, liegen der Brandhahn und die Öffnungshebel der Flügel- Benzin- und Wassertanks noch nicht an ihren endgültigen Positionen. Auf der rechten Seitenkonsole findet sich auch der Noteinfahrknopf für den Antrieb. Sollte die Steuerungselektronik einmal »spinnen«, kann der Propeller mit einer mechanischen Bremse gestoppt und per Notschalter eingefahren werden.
Schön und praktisch ist die Anordnung der Sicherungsautomaten für das Bordnetz unten im Instrumentenpilz. Sollte die Batterie nach längeren Flugpausen einmal leer sein, kann über ein Fremdstartkabel Starthilfe von einem Auto gegeben werden.
Fliegen:
Beim Einsteigen nickt die DG auf das Ienkbare Bugrad. Hauptschalter und Zündung auf “Ein” und schon erscheint der Propeller im kleinen Spiegel auf dem Instrumentenpilz. Ein Druck auf den Anlasser weckt den kräftigen Antrieb zum Leben. Um die Benzineinspritzung vor dem Anlassen kümmert sich das DEI. Der starke Antrieb macht dem Motorsegler Dampf: Beim Rollen über die aufgeweichte Grasbahn zum Startpunkt der Asphaltpiste zeigt sich der erste Vorteil der hohen Motorleistung. Motorsegler der älteren Generation wären hier stecken geblieben. Dank der kleinen Hilfsrädchen an den Flügelspitzen ist unabhängiges Rollen möglich. Mit dem lenkbaren Bugrad kann man “um eine Flügelspitze” wenden. Ist die Beladung im Cockpit allerdings nahe der hinteren Schwerpunktlage, hat das Bugrad nur eine geringe Aufliegelast. Die DG will dann den Seitenruder-Ausschlägen nicht immer folgen. Da hilft ein wenig mehr Gas und die Radbremse durch Herausnehmen der Bremsklappen zu betätigen. Dann steuert der Motorsegler willig in die gewünschte Richtung.
Bevor es losgeht, mache ich den Magnet-Check der Doppelzündanlage und stelle die Wölbklappen auf die Startstellung plus zehn Grad. Kaum rolle ich die ersten Meter, kann ich schon die Flügel waagrecht nehmen, Seitenwindeinflüsse stören kaum. Die DG beschleunigt flott und spurtreu, bei 75 Stundenkilometern kann abgehoben werden.
Bevor ich mich auf die Steigleistung konzentriere, wird nach dem Abheben erst das Fahrwerk eingefahren und die Motordrehzahl auf die maximal zulässige Dauerleistung von 6300 Umdrehungen pro Minute reduziert. Bei einer optimalen Steigfluggeschwindigkeit von 95 Stundenkilometern klettert die DG, einsitzig geflogen, in fünfeinhalb Minuten auf 1.000 Meter, doppelsitzig mit etwa 750 Kilogramm Startgewicht benötigten wir gut sechseinhalb Minuten. Die Sicht aus dem Cockpit ist hervorragend. Die DG-typisch tief heruntergezogenen Kabinenhauben geben eine Menge aktive Sicherheit, wenn der Luftraum einmal “voll” ist. Beide Piloten haben die regel- und einstellbaren Luftdüsen an der rechten Bordwand. Der Geräuschpegel im Cockpit ist erträglich, die Benutzung der serienmäßig gelieferten Kopfhörer jedoch empfehlenswert.
Nach außen hin gibt sich die DG angenehm leise, wie alle mit dem neuen, im Rumpf liegenden Motor ausgerüsteten Motorsegler. Der Einhau das Antriebs ist gut gelungen: Nimmt man das Gas weg, sinkt die eingetrimmte Geschwindigkeit nur um zehn Stundenkilometer. Die Reisegeschwindigkeit im Kraftflug ist mit 150 Stundenkilometern bei 6200 Motortouren flott. Sprit sparender kommt man allerdings im Sägezahnflug weg mit Motor steigen, um dann im Segelflug die Höhe abzugleiten. Beim Umtrimmen auf höhere Geschwindigkeiten fällt auf, dass kräftig nachgetrimmt werden muss. Eine Koppelung der Trimmung mit der Wölbklappenstellung wäre empfehlenswert, zumal sich die gewünschte Trimmstellung nicht durch Ziehen das Entriegelungshebels am Knüppel von selber einstellt. Da muss der Pilot am Trimmstellungsknopf an der linken Bordwand immer noch ein wenig nach schieben.
Im Langsamflug mit laufendem Motor und zehn Grad Klappen wird die DG bei 75 Stundenkilometern Fahrtmesseranzeige weich. Sie schüttelt etwas und geht bei 70 Stundenkilometern in einen taumelnden Sackflug über. Zieht man den Knüppel weiter durch, kippt sie über die rechte Fläche ab. Die beginnende Trudeldrehung lässt sich problemlos und sofort stoppen.
Der Motor wird DG-einfach abgestellt:
Zündung aus und warten, bis der Propeller steht. Wenn jetzt der Anlassknopf gedrückt wird, dreht der Propeller langsam in die Senkrechte. Hier wird er automatisch zum Einfahren festgehalten. Ist der Motor drin. schaltet das DEI sogar das Intercom der Bordfunkanlage ab. Damit die Variometer ordentlich kompensiert werden, schaltet der Pilot zum Segelflug die Druckabnahme von den Statikbohrungen am Rumpf auf die Kompensationsdüse vorm Leitwerk um. Denn im Motorbetrieb liegt diese Düse im turbulenten Propellerstrahl.
Überziehverhalten und -geschwindigkeiten im Segelflug bei zehn Grad Klappen unterscheiden sich nicht nennenswert vom Motorflug. In der Landestellung “L” der Wölbklappen kann man noch etwa drei Stundenkilometer langsamer fliegen. Nimmt man die Bremsklappen heraus, erhöht sich die Minimalfahrt um gut fünf Stundenkilometer und stabilisiert den Sackflug.
Der 45-Grad-Kreiswechsel ist für einen 20-Meter-Vogel flott fliegbar:
In der Thermik-Klappenstellung plus zehn Grad mit 5,7 Sekunden bei 95 Stundenkilometern. Bei null Grad und 100 Stundenkilometern werden sogar nur knapp
fünf Sekunden gebraucht. Die Ruderabstimmung ist bei null Grad gut. In den positiven Stellungen wird anfangs ein wenig mehr Seitenruder gebraucht.
Nicht zuletzt dank der Winglets lässt sich der schwere Doppelsitzer trotz seiner relativ hohen Flächenbelastung angenehm und effektiv in der Thermik kurbeln. Dabei könnten die Ruderkräfte, besonders im langsamen Flugbereich ein wenig kleiner sein. Im Schnellflug steigen sie nochmals deutlich an. Die DG-505MB liegt dabei ruhig wie ein Brett.
Ein wenig Überarbeitung bedarf noch die Koppelung Trimmung/Wölbklappen:
Ausgetrimmt auf 80 Stundenkilometer in der Wölbklappenstellung plus zehn Grad, stellen sich 90 Stundenkilometer bei null Grad und nur 115 Stundenkilometer in der Schnellflugstellung minus zehn Grad ein. Während die Trimmung im unteren Geschwindigkeitsbereich gut ausreichte. konnte ich bei meinem einsitzigen Flug mit hinterer Schwerpunktlage nur einen Bereich bis 200 Stundenkilometer durch kräftiges Vorschieben des Trimmknopfes austrimmen. Aber das wird für die Serie noch optimiert.
Für den Landeanflug wird die Wölbklappenstellung “L” gewählt. Sinnvolle Anfluggeschwindigkeit sind 100 bis 105 Stundenkilometer plus Windreserve. Steile Anflüge sind mit die großen Schempp-Hirth-Bremsklappen auf der Flügeloberseite kein Problem. Auch einen Slip kann man einfach und mit guter Wirkung als Landehilfe fliegen.
Wir setzen in Zweipunktlage mit Sporn- und Hauptrad auf. Das Hauptfahrwerk federt gut und überzeugt durch seine wirksame Scheibenbremse. Auch in der Landestellung der Wölbklappen sind die Querruder noch bis zum letzten Ausrollen gut wirksam.
Die DG-505MB ist derzeit der einzige Klappantrieb-Motorsegler der 20-Meter-Doppelsitzerklasse, der in Produktion ist – also auf dem Markt konkurrenzlos. Ihre neue Antriebskonzeption basiert auf den guten Erfahrungen, die DG bereits in der Serienproduktion der DG-800B machte. Sie ist ein zeitgemäß motorisierter, zuverlässiger und unkompliziert zu fliegender Doppelsitzer. Und er hat ansprechende Leistungen, die in der 20-Meter-Doppelsitzerklasse wettbewerbsfähig sind. Die könnten jedoch durch die Ausstattung mit Flügeln der neuesten Generation noch verbessert werden.
Optional können auch weiterhin die 22-Meter-Außenflügel geordert werden. Sie bieten immerhin neben etwas Mehrleistung auch den Vorteil geringerer Flächenbelastung für den Flug bei schwachen Wetterlagen, wenn man nicht an Wettbewerben der 20-Meter-Klasse teilnehmen möchte.
Unter dem Strich ist die DG-505MB nicht nur eine interessante Alternative für den Leistungs- und Wandersegelflieger, der Selbständigkeit, Unabhängigkeit und das Teamwork im Cockpit schätzt.
Sie kann auch für andere Aufgaben eingesetzt werden und zwar hervorragend:
Für den Clubbetrieb
zur Ausbildung und Einweisung von Klapptriebwerks-Motorseglerpiloten genauso wie
zur Unterstützung der Segelflug-Grund- und Streckenflug-Ausbildung.