Wie man dazu kommt, Flugzeuge zu produzieren

dg-04“Wenn Sie wollen, dass ich noch einmal im Leben mit Ihnen ein Wort spreche, Herr Wolff, ziehen Sie diesen Vorschlag bitte sofort zurück!”

Das waren im Originalton die Worte meiner Frau an einem schönen Sommerabend im Mai 1996, als wir zusammen mit dem Ehepaar Wolff in Bielefeld zum Essen waren. Und diese Worte haben natürlich eine Vorgeschichtedie ich im Folgenden vorstellen möchte:

Seit über 6 Jahren fliege ich gern und oft meine DG-400, die mir deswegen besonders sympathisch ist, weil ich mit diesem Flugzeug stressfrei und ohne Außenlanderisiko die Schönheit des Segelfliegens erleben kann. Ich habe einfach Freude an diesem Sport, ohne nach irgendwelchen Wettbewerbsweihen zu streben und ohne dass es mir bislang darauf angekommen wäre, meinen Namen in irgendwelchen Ergebnislisten an oberster Stelle zu lesen.

Nach und nach entstand dann der Wunsch, das allerneueste und schönste, was in diesem Marktsegment angeboten wird, zu erwerben – und das war nach meiner persönlichen Einschätzung eine DG-800B.

So kam es denn zu einem Besuch in Bruchsal, zu Verkaufsverhandlungen und zu einem Auftrag, wobei mir auffiel, dass der Verkaufsleiter es offensichtlich gar nicht eilig hatte, eine Auftragsbestätigung auszustellen. Auch hatte ich ein sehr nachdrückliches Gefühl bei der ganzen Angelegenheit, dass dieses Unternehmen es möglicherweise nicht mehr allzu lange würde machen können.

Bei einem Fliegerurlaub Anfang März 96 in Vinon, Südfrankreich, erreichte mich dann die Nachricht von dem Crash des Unternehmens und so war mir klar, dass ich noch auf viele Jahre hin meine DG-400 weiterfliegen würde.

Das hat mich dann natürlich nicht gehindert, bei dem fraglichen Abendessen meinem langjährigen Steuerberater, Herrn Gerhard Wolff, mein “Leid zu klagen”, der daraufhin nur ganz lapidar bemerkte: “Da gibt es doch eine ganz einfache Lösung: Kaufen Sie doch die ganze Firma!” Die erschrockene Antwort meiner Frau kennen Sie schon.

Herr Wolff und ich hatten in den vergangenen zwei Jahrzehnten manches interessante Geschäft getätigt und so blieb es nicht aus, dass der Gedanke weiter gesponnen wurde. Sogar meine Frau war dann bald der Meinung, ich könne doch nicht zusehen, dass ein so offensichtlich gutes Produkt eingestampft würde und so fanden sich Herr Wolff und ich dann schon eine Woche später in Bruchsal ein, um in den völlig leeren von allen Mitarbeitern verlassenen Werkshallen mit Herrn Glaser über den Verkauf des restlichen Firmenvermögens zu sprechen.

Auch das ging erfahrungsgemäß nicht problemlos ab, doch festigte sich bei uns immer mehr die Überzeugung, dass hier ein Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten geraten war in einem Moment, als sein Zukunft eigentlich sehr positiv aussah.

Das Produkt, insbesondere die DG-800B wie auch die Produktionstechnologie machte jedenfalls einen hervorragenden Eindruck und es wäre wirklich jammerschade gewesen, wenn das alles als Sondermüll untergegangen wäre.

Auch Gerhard Wolff, der bislang keinerlei Berührungspunkte mit unserem Hobby hatte, ließ sich von der Begeisterung mitreißen und trat als Gesellschafter mit in das neue Unternehmen ein.

So bauen wir nun seit 5 Monaten Segelflugzeuge und stellen immer wieder von neuem fest, dass dieser Beruf außerordentlich viel Spaß macht. Dies liegt vor allem daran, dass wir es mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten zu tun haben, die überwiegend ebenfalls Segelflieger sind und deren Begeisterung für unser Hobby die Atmosphäre eines grauen Büroalltags wahrhaftig nicht aufkommen lässt.

Zitieren wir noch einmal meine Frau, die in der Vergangenheit wahrhaftig keinen Einfluss auf meine beruflichen Tätigkeiten genommen hatte. Sie ist inzwischen einige Male mit in Bruchsal gewesen, hat an Verhandlungen teilgenommen über zukünftig zu entwickelnde Flugzeugtypen und meinte nach dem letzten Besuch: “Wenn Ihr das nächste Mal wieder über dieses Thema diskutiert, möchte ich aber gern dabei sein!”

Was hatte sie doch noch einmal schnell Anfang Mai gesagt…?

 

– Friedel Weber, 1996 –