Nachruf auf Walter Schneider
von Ernst Schwarz, veröffentlicht im Magazin “Segelfliegen” 6/2007
Walter Schneider ist am 30.08.2007 nach schwerer Krankheit im Alter von fast 78 Jahren verstorben.
Die Segelflieger verlieren mit ihm einen über Jahrzehnte erfolgreichen Hersteller, viele einen Freund und mancher ein fliegerisches Vorbild. Walter Schneider war eine starke Persönlichkeit, zielstrebig, mit einem Hang, seine Ideen mit Nachdruck durchzusetzen. Dadurch war er nicht immer einfach für seine Umgebung. Unbestritten hat er dem modernen Segelflug wichtige Impulse gegeben.
Im Kreise seiner Freunde war er ein wunderbarer und unerschöpflicher, oft auch sehr heiterer Erzähler von Erlebnissen aus seinem Fliegerleben auf mehreren Kontinenten, bei Weltmeisterschaften und Wettbewerben.
Walter kam wie so viele über den Modellflug zum Segelfliegen. Er begann mitten im Krieg 1943 eine Schreinerlehre, die er auch erfolgreich beendete. Ein Ingenieurstudium, das eigentlich seinen Anlagen entsprochen hätte, konnte er aufgrund der schweren Zeiten in den Nachkriegsjahren nicht anschließen. So ging er in den elterlichen Betrieb Rolladen-Schneider nach Egelsbach bei Frankfurt.
Sofort nach Wiederzulassung des Segelfluges wurde der “Modellflugverein Egelsbach”, dem er schon länger angehörte, umbenannt zum “Luftsportclub Egelsbach”. Hier wurde sogleich mit dem Eigenbau von Segelflugzeugen in Holzbauweise, wie damals üblich, begonnen Walter war von Anfang an dabei und konnte seine handwerklichen Fähigkeiten einsetzen.
Wie so oft im Leben werden für die Zukunft wichtige Wegmarken durch zunächst unscheinbare Zufälle verursacht. So auch bei Walter Schneider:
An der nahe gelegenen technischen Hochschule Darmstadt hatte sich die akademische Fliegergruppe neu gegründet und es waren zu dieser Zeit besonders vier Studenten, Heiko Fries, Gerhard: Waibel, Klaus Holighaus und Wolf Lemke, die durch eine neue Auslegung und Materialauswahl ein Segelflugzeug mit bis dahin unerreichten Leistungen entwerfen und bauen wollten. Es entstand die D-36 Circe”, ein Kunststoffflugzeug in Verbundbauweise, wie man es bis dahin noch nicht gesehen hatte.
Schneider suchte und fand den Kontakt zu dieser Gruppe, wurde ihr Freund und sie bauten gemeinsam – Walter etwas zeitversetzt – zwei dieser Flugzeuge. Beide flogen im Frühjahr und Sommer 1963, die gewünschten Leistungen wurden bestätigt.
Langsam wurde die väterliche Firma umstrukturiert, Wolf Lemke nach abgeschlossenem Studium als Chefkonstrukteur engagiert und mit dem Bau von Segelflugzeugen in Egelsbach begonnen. So konnte Walter jetzt seine Leidenschaft für das Fliegen über Jahrzehnte mit seiner Berufstätigkeit in glücklicher Weise verbinden.
Mit dem Erstflug der LS-1 im Jahr 1968 begann die einzigartige Erfolgsserie der LS-Flugzeuge. Allein vom Typ LS4 wurden mehr als 1.000 Stück produziert.
In den folgenden Jahren zählte Walter auf sportlicher Ebene zu den Spitzenpiloten im DAeC und war viele Jahre lang Mitglied in der Nationalmannschaft. Auf allen Wettbewerben und Siegerlisten sind bis heute immer wieder LS-Flugzeuge an der Spitze zu finden.
Walter Schneider ist und bleibt ein Stück Segelfluggeschichte und zählt mit nur wenigen anderen zu den einflussreichsten Impulsgebern für den modernen Segelflug. Die Erinnerung an seine Persönlichkeit fliegt mit jedem seiner wunderbaren Flugzeuge mit uns am Himmel.
Er bleibt uns nahe.