Vibrationen und Fremdgeräusche bei Segelflugzeugen

Der folgende Artikel bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf DG-Flugzeuge,
wenn wir auch hier unsere eigenen Erfahrungen wiedergeben.
Bei allen möglichen Flugzeugtypen passiert es immer mal wieder, dass bei bestimmten Geschwindigkeiten plötzlich ungewohnte Geräusche von Brummen bis Pfeifen auftreten oder dass irgend etwas anfängt zu vibrieren. Solche Ursachen sind aus der Ferne und am Telefon schwer zu diagnostizieren und selbst wenn ein Flugzeug zum Hersteller gebracht wird, kann man oft nichts machen, wenn nämlich bei einem Testflug das Phänomen gerade nicht auftritt.
Da ist es sicher hilfreich, mal die verschiedenen möglichen Ursachen aufzulisten, denn meist kann der Pilot selbst ganz leicht die Ursache finden, wenn er denn weiß, wo er suchen soll.
Hier also mal einen “Geräusch-Checkliste” zu abarbeiten:

A. Cockpit:

  • Pfeifgeräusche aus dem Cockpit lassen sich natürlich am leichtesten lokalisieren, weil man während des Fluges mit den Händen dran kommt.
    Pfeift das Ausstell- oder Schiebefenster?
    Manchmal ist es nur ganz leicht offen, ohne dass man es sehen kann. Drücken Sie mal an die verschiedenen Stellen und testen Sie, ob sich das Geräusch verändert.
  • Macht die Lüftung zusätzliche Geräusche?
    Es kann im Ansaugkanal ein welkes Blatt stecken und vibrieren. Oder die Lüftungsklappe ist nicht richtig eingestellt. Vielleicht schließt sie nicht richtig oder sie steht in voll geöffnetem Zustand nicht parallel zur Mittellinie. Schauen Sie mal die Klappe genau an.
  • Sehen sie mal in die geöffnete Haube. Fehlt stellenweise das Dichtungsgummi oder ist es verschlissen? Sind deutlich sichtbare Abstände zwischen Rumpf und Haube entstanden?
    Ist die Haubendichtung defekt.

B. Abklebungen

  • Hat sich Ihre eigene Abklebung zwischen Rumpf und Flügel gelöst?
    Das sehen Sie daran, dass das Ende des Klebebandes frei hängt und ausgefranst aussieht.
  • Ist die Abklebung der Motorklappen lose?
  • Dabei entsteht ein ekelhaftes Brummgeräusch, welches bei höherer Geschwindigkeit aber verschwindet – dann ist nämlich das ganze Abdeckband weggeflogen und es kehrt wieder Ruhe ein!
  • Wenn der Effekt nur bei hohen Geschwindigkeiten auftritt bei Wölbklappenstellung -10 oder -14 Grad, können die unteren Mylar-Abdeckbänder der Flügel vibrieren. Das sollte allerdings bei allen Flugzeugen nicht passieren, die eine Innenabdichtung der Flaperons mittels einer Teflonschlaufe haben, wie es seit Jahren Standard bei unseren Flugzeugen ist.
    Brummen die Mylarbänder am Flügel?
  • Der Wasserablass unter dem Flügel sollte abgedeckt sein. Wenn er das nicht ist, pfeift er.
    Die Abdeckung kann dauerhaft sein, wenn man keine Wasserballastanlage hat. Dann sollte das Ablassloch mit Selbstklebefolie verschlossen sein.
    Anderenfalls verschließt es ein Stück Teflonfolie. Damit diese nicht anfängt zu brummen, ist die Umgebung der Flügelunterseite gut gefettet. Wenn Sie dieses Fett weggewischt haben, klebt die Folie nicht mehr fängt an zu brummen und zerlegt sich dabei. Ist sie schon ausgefranst am Ende? Dann  neu einfetten vor dem nächsten Flug!
    Brummt oder pfeift der Wasserablass?
  • Sind die Abklebebänder der Fahrwerksdeckel in Ordnung?
    Oft sind sie vorn etwas gelöst und können vibrieren. Die Klebebänder dürfen nicht zu lang sein, weil sie sich sonst in geöffnetem Zustand überdehnen und lösen.
    Alte Bänder sollten Sie erneuern – zu lange Bänder mit einer Rasierklinge kürzen!
  • Sind die Abdeckbänder am Seitenruder noch vollständig?
    Der Seitenruderspalt sollte an beiden Seiten von oben bis unten abgedeckt sein. Wenn sich dort etwas löst, brummt es.

Übrigens:
Wenn Sie selbst dauerhaft ein Klebeband anbringen wollen, achten Sie bitte darauf, dass die Klebefläche peinlichst sauber und fettfrei ist. Reinigen Sie sie am besten mit Waschbenzin und berühren Sie sie anschließend nicht mehr mit Ihren Fingern!

C. Fahrwerk

  • Schließen die Fahrwerksklappen überhaupt richtig?
    Das können Sie kontrollieren, wenn das Flugzeug im Hänger steht. Ist vielleicht das Gummiband im Fahrwerkskasten alt und überdehnt? Oder sind die Klappen nach einer “Bauchlandung” verzogen? Fahren Sie im Flug das Fahrwerk ein und aus – verändert sich das Störgeräusch?
  • Vibriert das lenkbare Spornrad?
    Dann ist etwas mit der Anlenkung nicht in Ordnung. Drücken Sie mal beide Füße kräftig ins Seitenruder. Ändert sich das Geräusch? Dann kann es auch an der Seitenruder-Aufhängung liegen und sollte von einem Fachbetrieb überprüft werden.
    Ist die Spornrad-Achse ausgeschlagen? Das passiert wohl nur bei den nicht-kugelgelagerten Rädern. Heben Sie das Heck in den Kuller und versuchen Sie mal, am Rad zu wackeln. Hat es Spiel? Dann kann es im Flug anfangen, sich zu drehen und vibriert.
  • Die zuletzt genannte Ursache tritt vor allem bei festen Spornrädern auf, wenn sie nicht verschraubt sind sondern axiales Spiel bekommen können.
    Wenn die Achse verschraubt ist, sollten die Schrauben so stark angezogen sein, dass noch gerade keine zusätzliche Reibung auf der Achse entsteht.
    Wenn sich ein Spornrad auf der Achse verkanten und wackeln lässt, muss die Lagerbuchse oder die Lagerung im Rumpf durch einen Luftfahrttechnischen Betrieb erneuert werden.
    Spornräder, die im Fluge anfangen sich zu drehen, sind eine sehr häufige Ursache von Vibrationen. Wenn die Radlagerung keine spürbaren Defekte aufweist, versuchen Sie doch mal, provisorisch eine zusätzliche Reibung zu erzeugen, um ein Drehen im Fluge zu verhindern:
    Bauen Sie das Rad aus und kleben Sie mit Kontaktkleber vorn in den Radkasten ein Stück Schaumstoff in einer Stärke, dass es leicht gegen den Radmantel drückt. Ist die Vibrationen jetzt weg?
    Vibriert das feste Spornrad?
  • Fahren Sie im Flug das Fahrwerk ein- und aus.
    Beim Ausfahren entstehen natürlich Windgeräusche, aber verändert sich darüber hinaus das Störgeräusch?

D. Seitenruder / Queruder / Wölbklappen

  • Ist die Lagerung des Seitenruders zu lose?
    Verändert sich das störende Geräusch, wenn Sie das Seitenruder bewegen oder wenn Sie es mit beiden Füßen bewusst ganz fest halten?
  • Verändert sich das Geräusch, wenn Sie die Querruder bewegen oder die Wölbklappen verstellen?
    Dann liegt es sicher an den Mylar-Bändern.

E. Motorklappen

  • Dröhnen die Motorklappen?
    Das kann von einem Spalt an der Vorderkante der Motorklappen kommen. Tippen Sie mal ganz kurz an den manuellen Ausfahrschalter. Verschwindet das Geräusch? Dann kleben Sie mal etwas Schaumstoff (Tesamoll o. ä.) unter die vordere Motorklappenkante. War das die Lösung?