Holmaufbau und -verklebung

Bei der heute üblichen Bauweise der Kunststofftragflügel wird die Biegebeanspruchung des Tragflügels nahezu vollständig vom Hauptholm aufgenommen, genauer gesagt, von Obergurt und Untergurt des Holms. Nehmen wir eine Durchbiegung nach oben an, so wird der Obergurt auf Druck und der Untergurt auf Zug belastet. Beide Gurte versuchen dabei vorwiegend zur Mittelachse des Holms hin auszuweichen. Dies wird durch den Holmsteg verhindert, der in diesem Fall vorwiegend auf Druck belasted wird. Zusätzlich versuchen die Holmgurte der Belastung seitlich auszuweichen, was zu einer schraubenartigen Verdrehung des Holms führen würde. Diese Tendenz wird durch die Torsionssteifigkeit der Flügelschale abgefangen. Auch der Holmsteg hilft mit, er wird hier diagonal belastet. Im Flug sind der reinen Durchbiegung des Flügels natürlich noch weitere Kräfte überlagert. Die Biegebeanspruchung beim schnellen Abfangen stellt jedoch einen der größten Lastfälle dar.

An Hand dieser Betrachtungen wird klar, dass der Verklebung des Holms beim Schließen des Flügels außerordentliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil man hier gezwungen ist, an einem hoch belasteten Bauteil eine Blindverklebung durchzuführen. Der Konstrukteur kann jedoch durch die Platzierung dieser Klebestelle deren Problematik beeinflussen. Legt man den üblichen Aufbau des Hauptholms mit Obergurt, Untergurt und Steg zugrunde, so gibt es prinzipiell vier mögliche Anordnungen der Klebestelle:

1. Zwischen Obergurt und der oberen Flügel-Halbschale.
2. Zwischen Untergurt und der unteren Flügel-Halbschale.
3. Zwischen Obergurt und dem Holmsteg.
4. Zwischen Untergurt und dem Holmsteg.

Variante 1 und 2 erlauben eine separate Produktion des Holms außerhalb der Flügelformen. Der Nachteil ist die notwendige Blindverklebung mit einer der beiden Flügelschalen. Dabei ist Variante 1 im normalen Betrieb empfindlicher. Bei starken positiven Belastungen (z.B. Abfangen) hat die Oberschale das Bestreben sich in Form vom Stauchfalten vom Holm abzulösen, mit entsprechend punktuellen Zugkräften in der Klebeschicht. Dies ist der ungünstigste Lastfall für eine Klebeverbindung und erfordert perfekte Ausführung.

Bei Variante 3 und 4 wird der Holm in Teilschritten aufgebaut. Der grosse Vorteil ist die Möglichkeit einer sehr intensive Verklebung zwischen Holmgurt und Schale, die zudem während der Produktion komplett inspiziert werden kann. Die Schwierigkeit dieser Bauweise ist die präzise Fertigung des Holmstegs. Da die Blindverklebung in Position 3 oder 4 jedoch überwiegend auf Druck und Schub belastet wird, hat sie genügend Reserve für geringfügige Bautoleranzen. Dies gilt insbesondere für Variante 4, die für den Normalbetrieb die günstigste Platzierung der Blindverklebung darstellt.

Wilhelm Dirks hat in seinen Konstruktionen stets die Variante 4 realisiert.

Manfred Koethe