Segelfliegen bei der Indonesischen Luftwaffe

Im November 2011 erhielt DG Flugzeugbau den Auftrag über sechs DG-1001Club für die Indonesische Luftwaffe. Die Auslieferung erfolgte ein Jahr später wiederum im November per Container. Mit zum Vertrag gehörte die Durchführung eines Flug- und Wartungstrainings auf der Air-Force Trainingsbasis in Jog-Jakarta / Indonesien. Ich sollte dieses Training durchführen und machte mich im Februar 2013 auf die Reise nach Indonesien. Da dies zweifelsohne für uns Europäer ein segelfliegerisch völlig unbekanntes Land ist, möchte ich hier nun in einem kleinen Bericht meine Eindrücke schildern.

Der Trip war ursprünglich für Anfang Januar geplant. Die Flugzeuge waren im Container auf der Air-Force Basis bereits angekommen und alle dort anwesenden freuten sich darauf die Flugzeuge auszuladen. Doch die lang anhaltende Monsun-Zeit zwingt uns, die Reise immer wieder zu verschieben. Anfang Februar soll es dann soweit sein. Die Wetterprognosen scheinen gut und so steige ich bei -6°C, Neuschnee und bedecktem Himmel in München in den Flieger. Winterjacke, Stiefel, Handschuhe, Mütze und Schal bleiben bei dieser Reise am Flughafen zurück. Stattdessen habe ich leichte Sommerschuhe und Flip-Flops im Gepäck. Ich kann noch gar nicht wirklich glauben, dass ich schon bald bei hochsommerlichen Temperaturen wieder aus dem Flugzeug aussteige. Für mich, zumindest zur Winterzeit, ein Novum.

Nach etwas mehr als 30 Stunden Reise komme ich dann in Jog-Jakarta („Jogja“) am Flughafen an. Um 23:00 Nachts hat es immer noch angenehme 32°C! Ein Traum, bedenkt man den tristen Winter daheim.
Die nächsten 3 Tage sind dann eine wahre Geduldsprobe. Obwohl von der Air-Force zugesichert, dauert es letztendlich bis Dienstagabend, bis wir alle Zugangsberechtigungen erhalten und ich zusammen mit unserem Vertreter Bram U. Kusuma den Stützpunkt betreten darf.

Voller Energie nach so langer Wartezeit, laden wir noch in den Abendstunden die Flugzeuge aus. Allerdings habe ich die Arbeit unter den Bedingungen unterschätzt. Temperaturen von weit über 40° im Container, gepaart mit einer Luftfeuchtigkeit von annähernd 100% machen die Arbeit zu einer Tortur.

Besonders weil mein Körper ja eigentlich noch auf Winter eingestellt ist. Doch 3 Stunden und 5 Liter Wasser später sind die Flugzeuge dann im Hangar.
Am nächsten Tag – es ist mittlerweile schon Mittwoch – können wir die Flugzeuge aufbauen. Alle sind begeistert von der DG-1001, ihrer einfachen Handhabung und vor allem dem schnellen Auf- und Abbau! So was kennen die Leute von der Air-Force  bisher nicht.

Während die Flugzeuge daraufhin von 3 Air-Force Gutachtern abgenommen werden nutze ich die Zeit mir den Flugplatz näher anzusehen.
Der Flughafen von Jogja wird von allerlei Parteien genutzt. Nördlich der 2km langen Bahn befindet sich das Terminal der zivilen Luftfahrt. Hier werden kleinere Airliner abgefertigt bis hin zur Boeing 737-900. Im Süden befindet sich das Areal der Air-Force Akademie mit einer Staffel von Cessna C-172, einer Staffel Beechcraft T-34 „Mentor“ und einer Staffel Pilatus PC-21. Den Abschluss bilden die 3 Segelflugzeuge vom Typ Schweizer SGS 2-33. Die Flugzeuge sind sehr alt und gehen nach tausenden von Starts mit der Einführung der DG-1001Club in den „Ruhestand“.
Eine Kaserne und ein großer Golfplatz (mit Sand-Bunkern in Flugzeugform) füllen das Areal dann komplett aus. Der Grasstreifen, von dem aus die Segelflugzeuge operieren, befindet sich lediglich 80m südlich der Hauptbahn. Einsetzender Regen und der Besuch einiger Generäle erlauben es nicht mehr zu Fliegen.

Die von der Air-Force geforderten Abnahmeflüge erfolgen dann am Donnerstag. Ich fliege jedes Flugzeug noch einmal in Anwesenheit aller Beteiligten vor und demonstriere zudem noch ein paar Kunstflugfiguren um die Auflagen der Air-Force zu erfüllen. Während der F-Schlepps kann ich die Aussicht auf die recht ungewohnte tropische Landschaft genießen.

Tausende kleiner Häuschen, verteilt rund um unzählige Reisfelder vermitteln ein ganz besonderes Gefühl. Alles wirkt wie im Film. Im Norden bäumt sich der „Letusan Merapi“ hoch über der Landschaft auf. Im Osten findet sich der kleine Gebirgszug des „Ngoro Oro“, vergleichbar mit dem Bayerischen Wald und seinem „Großen Arber“. Doch alles ist über und über voll mit sattem, tropischen Grün. Die Reisfelder machen klar, dass an Außenlandungen hier kaum zu denken ist.
Obwohl von der Air-Force nicht erlaubt, nutze ich eine Wolke um die Thermik zu testen. Leider kann ich den Bart nicht mehr richtig zentrieren. Ein Funkspruch des Towers unterbindet nach 2 Kreisen sehr abrupt meine Kurbelei. Aber ich denke so etwa 3-4 Meter wären es wohl geworden, bei einer Basis von etwa 3.500 ft. Gar nicht so schlecht also! Da es wie jeden Tag zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr leider anfängt, heftig zu regnen, sind an diesem Tag aber keine Flüge mehr möglich.
Wer sich nun fragt, warum wir nur 3 Flüge an diesem Tag zustande bekommen haben, dem sei gesagt, dass bei der Air-Force für unsere Verhältnisse alles etwas langsamer geht. Alles wird in verschiedensten „Pre-“ und „De-Briefings“ zunächst genau geplant. Anschließend kommt dann alles anders als gedacht, und  zu guter Letzt wird auch nur genau das getan was man sich vornimmt. Sprich: Es waren nur diese 3 Flüge geplant, und dann wird alles durch die südländische Gelassenheit in die Länge gezogen, sodass auch nur diese 3 Flüge am Ende stattfinden. Diese unerwartet lockere Umgehensweise mit der Zeit macht sich auch bei Terminen bemerkbar. Während all der Tage muss ich leider feststellen, dass 1-2 Stunden Verzögerung noch durchaus als pünktlich bezeichnet werden können.
Am Freitag erfolgte die Einweisung von 4 Fluglehrern der Indonesischen Air-Force. Wie auch am Tag zuvor werden wir von einer C-172 Rocket geschleppt. Alles in allem meistern die Piloten den Umstieg von den veralteten Schweizern sehr gut. Immerhin schaffen wir 10 der 12 geplanten Starts, bevor eine mächtige Gewitterfront uns zum Beenden des Flugbetriebs zwingt.
Alle Beteiligten sind überglücklich über die neuen Hochleistungstrainer. Viele können gar nicht fassen, welche Leistung die DG-1001 an den Tag legt. Auch vom Kunstflug sind alle sehr angetan, kannte man diesen ja bisher nur von den Turbinentrainern wie der PC-21.
Sehr gewöhnungsbedürftig ist der Flugbetrieb parallel mit den Airlinern. So kam es vor, dass ich bei einem der Abnahmeflüge parallel zu einer 737-900 von Lion Air gelandet bin – wohl gemerkt mit nur 80m Abstand! Hier in Indonesien? – kein Problem, alles normal! In Deutschland würden sich jedem Lotsen die Nackenhaare aufstellen! Alles tickt hier eben ein wenig anders.
Am Sonntag ging es schließlich wieder zurück ins kalte Deutschland. Schade! An die Temperaturen hätte ich mich gewöhnen können!

Alles in allem war die Reise eine sehr interessante, facettenreiche Erfahrung. Vielen ist Indonesien sicher als Tourismus Land gut bekannt. Aber hier mal die Chance zum Segelfliegen zu bekommen, ist schon eine tolle Sache.

Zum Abschluss gilt mein Dank vor allem unserem Vertreter Bram U. Kusuma. Er hat im Hintergrund alles Notwendige organisiert und hat sich besonders in den ersten Tagen mit all den behördlichen Problemen abgekämpft.
„Terima kasih!“ (Vielen Dank!)

 

 

– Stefan Göldner –